Für ein optimales Mundgefühl

Drei Croissants
Foto KATELYN PERRY/UNSPLASH

Brötchen sollen knusprig sein, Joghurt cremig: Beim Genuss eines Lebensmittels zählt auch seine Haptik. Mittels Rasterkraftmikroskopie wollen Forschende das Mundgefühl ergründen.

31.05.2024 · News · Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München · Lebenswissenschaften · Forschungsergebnis

Ein Team um Melanie Köhler und Veronika Somoza vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie hat einen neuen Forschungsansatz in der Fachzeitschrift Nature Food vorgestellt. Im Fokus des Perspectives-Artikels stehen verschiedene Möglichkeiten, mittels Rasterkraftmikroskopie das Mundgefühl von Lebensmitteln zu erforschen, um die biophysikalischen Mechanismen besser zu verstehen, die zu Geschmackseindrücken beitragen. Neue Erkenntnisse in diesem Bereich könnten die Entwicklung gesundheitsfördernder Produkte vorantreiben, die weniger Salz, Fett, Zucker und Kalorien enthalten, aber trotzdem sensorisch vom Mundgefühl her überzeugen.

Das Mundgefühl eines Lebensmittels spielt eine entscheidende Rolle für dessen Akzeptanz. So bevorzugen viele Menschen bei Quark und Joghurt eine cremige Konsistenz. Äpfel sollten dagegen beim Hineinbeißen saftig und knackig sein und Brotkrusten knusprig. Diese Vielfalt zeigt, dass das optimale Mundgefühl stark von der Lebensmittelart abhängt und nicht einheitlich definiert ist.

Komplexes Zusammenspiel erforschen

Zudem ist das Zusammenspiel von Inhaltsstoffen, Textur und Temperatur eines Lebensmittels mit den verschiedenen Sensormolekülen und Zelltypen im Mund äußerst komplex. Nachwuchsgruppenleiterin Melanie Köhler sagt: „Insbesondere Mechanorezeptoren, die auf Druck oder Dehnung reagieren, sind im Hinblick auf das optimale Mundgefühl und ihren Beitrag zum sensorischen Gesamteindruck eines Lebensmittels noch wenig erforscht.“

Veronika Somoza, Direktorin des Freisinger Leibniz-Instituts ergänzt: “In unserem aktuellen Perspectives-Artikel stellen wir verschiedene experimentelle Ansätze vor, mit denen interdisziplinär die vielen noch offenen Fragen rund um das Thema Mundgefühl aus biophysikalischer Sicht angegangen werden können. Wir haben dabei den Fokus auf die biologische Rasterkraftmikroskopie gelegt.“

Das Rasterkraftmikroskop ist ein Werkzeug, das Oberflächen auf atomarer Ebene abtastet und sie so visualisiert. Auf diese Weise lassen sich auch Wechselwirkungen zwischen Molekülen wie Lebensmittelinhaltsstoffen und Rezeptorproteinen untersuchen. Es kann aber auch dazu dienen, mechanischen Druck auf Zellen auszuüben und auf diese Weise Mechanorezeptoren zu aktivieren und deren zelluläre Signalantwort zu identifizieren und zu charakterisieren.

Traditionelle Definition überdenken

Ein grundlegendes biophysikalisches und funktionelles Verständnis der vielfältigen mechanosensorischen Hauptakteure im oralen und extraoralen Gewebe und ihrer Reaktionen auf Lebensmittelinhaltsstoffe ist laut Melanie Köhler wichtig. Es ermögliche, neue Hypothesen über den Beitrag von Mechanosensoren zum sensorischen Gesamteindruck eines Lebensmittels aufzustellen und viele der heute im molekularen Bereich noch offenen Fragen zu beantworten.

„Hinsichtlich der Lebensmittelforschung erwarten wir, dass zukünftige Ergebnisse zu einer Revision unserer traditionellen Definition von flavor, also dem sensorischen Gesamteindruck eines Lebensmittels, führen werden, indem wir die mechanische Wahrnehmung als weiteren Faktor neben Geschmack und Geruch einbeziehen“, erklärt die junge Wissenschaftlerin. „In Bezug auf die Lebensmittelproduktion eröffnet unser wegweisender Forschungsansatz vielversprechende Perspektiven für die Gestaltung zukünftiger, genussvoller und zugleich gesundheitsbewusster Ernährungsoptionen“, so Melanie Köhler weiter.

Publikation

Koehler, M., Benthin, J., Karanth, S., Wiesenfarth, M., Sebald, K., and Somoza, V. (2024). Biophysical investigations using atomic force microscopy can elucidate the link between mouthfeel and flavour perception. Nat Food 5, 281-287. 10.1038/s43016-024-00958-3. www.nature.com/articles/s43016-024-00958-3

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB)