Mit kranken Menschen ist kein Staat zu machen

Bedroht der Abbau von Krankenhausbetten die Gesundheitsversorgung im Pan-demie-Fall? Nein, sagen Experten des Rheinisch-Westfälischen Institutes für Wirtschaftsforschung im neuen „Zwischenruf“ der Leibniz-Gemeinschaft. Das Heft beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten von Infektionskrankheiten und gibt Strategieempfehlungen an Politik und Behörden.

25.11.2009 · Pressemeldung · Leibniz-Gemeinschaft

Was wäre, wenn die Schweingrippepandemie zu schwereren Krankheitsverläufen als bisher führen würde: Könnten dann vorhandene Überkapazitäten im deutschen Krankenhaussektor den Bedarf an stationären Leistungen decken? Das untersuchen Wissenschaftler vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (rwi) im neuesten „Zwischenruf“ der Leibniz-Gemeinschaft. Ihr Fazit: Leere Krankenhausbetten als Reserve für eventuelle Pandemien sind zu teuer und helfen nicht unbedingt. Besser und auch wirtschaftlicher sei es, die Menschen zu impfen und kostengünstige mobile Beatmungseinrichtungen bereit zu halten.

Die Publikationsreihe Zwischenruf der Leibniz-Gemeinschaft richtet sich in erster Linie an Politik und Behörden. Das aktuelle Heft trägt den Titel „Schweinegrippe, AIDS & Co. – Infektionskrankheiten als globales Problem“. Darin beschäftigen sich Wissenschaftler aus der Human- und Veterinärmedizin sowie den Politik- und Wirtschaftswissenschaften mit verschiedenen Aspekten von Infektionskrankheiten und geben Strategieempfehlun-gen. In seinem Vorwort weist Leibniz-Präsident Ernst Th. Rietschel auf die Bedeutung des Themas Infektionen für das Gemeinwesen hin: „Mit kranken Menschen ist kein Staat zu machen.“

Neben dem gesundheits-ökonomischen Beitrag des rwi weisen Wissenschaftler vom Heinrich-Pette-Institut für experimentelle Virologie und Immunologie (HPI), dem Forschungszentrum Borstel – Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften sowie dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) auf die veränderte Bedrohungslage und neue Probleme im Zusammenhang mit Infektionskrankheiten hin: So setzt die Tuberkulose im Zuge der HIV-Erkrankungen derzeit zu einem globalen Comeback an. Besondere Gefahr geht vor allem von multiresistenten und so genannten XDR-Stämmen aus – gegen sie sind fast alle bekannten Wirkstoffe wirkungslos. Neben verstärkter Forschung dazu empfehlen die Experten bessere Ausbildung und Aufklärung in Sachen Infektionen, vor allem bei Schlüsselpersonen etwa an Schulen oder in Verkehrsunternehmen. Wichtig sind nahezu allen Experten eine verbesserte nationale Koordination und Beratungsdienste.

Mit Zoonosen beschäftigt sich der Beitrag der Forscher vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW). Hierbei handelt es sich um Krankheiten, die die Artengrenze zwischen Mensch und Tier überspringen. Zukünftig werden mehr als die Hälfte der weltweit neu auftretenden Krankheiten Zoonosen sein. Unter den derzeit bekannten neuen Erregern sind viele wegen ihrer hohen Mutationsrate besonders gefährlich.

Der Beitrag aus dem Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) sieht die Weltgesundheitsorganisation WHO nach wie vor als wichtigste Organisation für die Verbesserung der Weltgesundheit. Zwar seien die vielen neuen, nicht-staatlichen Orga-nisationen im Gesundheitsbereich oft hilfreich und wichtig, doch konkurrierende Kon-zepte drohen die Hilfe ineffizient zu machen. Daher müsse die deutsche Politik die WHO als koordinierende Organisation stärken.

Der neue Zwischenruf kann in der Pressestelle der Leibniz-Gemeinschaft als PDF oder als Broschüre angefordert werden. Er steht in Kürze auch als PDF zum Download bereit auf den Seiten der Leibniz-Gemeinschaft unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de/zwischenruf

Anfragen: presse@leibniz-gemeinschaft.de