Leibniz-Senat verabschiedet Förderempfehlungen zu drei Einrichtungen in Berlin, Mannheim und Hamburg

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hat auf seiner Sitzung am 03. März 2004 in Berlin Empfehlungen zur Förderung von drei Mitgliedseinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft verabschiedet. Zwei Einrichtungen – dem Institut für Deutsche Sprache in Mannheim (IDS) und dem Fachinformationszentrum Chemie in Berlin (FIZ Chemie) - bescheinigt er hohe wissenschaftliche Qualitätsowie überregionale Bedeutung und empfiehlt Bund und Ländern die vorbehaltlose Weiterförderung. Für das HWWA – das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv – empfiehlt er die Zusammenführung der Bibliothek mit der Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften in Kiel. Für leistungsfähige Forschungsgruppen regt er an zuprüfen, sie im Rahmen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel oder einer der Hamburger Hochschulen weiter zu führen. Eine abschließende Förderempfehlung zum HWWA wird bis dahin zurückgestellt.

03.03.2004 · Pressemeldung · Leibniz-Gemeinschaft - Evaluierung

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft evaluiert die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft mindestens alle sieben Jahre. Auf dieser Grund­lage prüfen Bund und Länder in der Bund-Länder-Kommission für Bil­dungsplanung und Forschungsförderung (BLK), ob die Voraussetzun­gen für die weitere Förderung gegeben sind. Die den Stellungnahmen des Senats zugrunde liegenden Bewertungen werden von Bewer­tungsgruppen durchgeführt, denen erfahrene Sachverständige aus dem In- und Ausland angehören. Die Mitglieder der Bewertungsgrup­pen sind unabhängige Experten und gehören keinen Leibniz-Einrichtungen an. Transparenz und Unabhängigkeit des Evaluierungs­verfahrens sowie die konsequente Umsetzung der Empfehlungen si­chern die Ausrichtung der Leibniz-Einrichtungen an internationalen Qualitätsstandards. 

Dem Institut für Deutsche Sprache in Mannheim (IDS) bescheinigt der Senat eine gute bis sehr gute Entwicklung als Folge der vom Wissen­schaftsrat 1995 empfohlenen Neustrukturierung. Das IDS wird seiner Aufgabe, die deutsche Sprache in ihrem gegenwärtigen Gebrauch und ihrer neuen Geschichte zu erforschen und zu dokumentieren, auf beacht­lichem Niveau gerecht. In den wissenschaftlichen Abteilungen werden solide Dokumentationen erstellt und zukunftsweisende Projekte bearbei­tet. Der am IDS verfolgte Aufbau von Text- und Sprachkorpora für das Deutsche ist eine wichtige Aufgabe, deren Bedeutung als Grundlage für die sprachwissenschaftliche Forschung und die Sprachtechnologie in Zu­kunft noch zunehmen wird. Daher wird dem IDS empfohlen, die Korpus­akquisition mit dem Ziel der Korpuserweiterung zu forcieren. Langfristig sollte das IDS anstreben, zentrale Dokumentations- und Forschungsstel­le für ein nationales Korpus des Deutschen zu werden. 

Das Fachinformationszentrum Chemie in Berlin (FIZ Chemie) leistet mit seinen Informationsangeboten für die Chemie einen wichtigen Beitrag zum deutschen und internationalen Fachinformationsmarkt. Seine hoch­wertigen Produkte und Dienstleistungen sind für Wissenschaft und Wirt­schaft ein wertvoller Service und stärken die Innovationskraft Deutsch­lands. Es hat sich seit der Evaluierung durch den Wissenschaftsrat ins­gesamt positiv entwickelt. Das Portfolio wurde fokussiert; für die Ver­marktung und den Vertrieb seiner Datenbanken hat es geeignete Partner gefunden. Begrüßt wird insbesondere, dass es sich verstärkt der Initiie­rung von bzw. der Federführung und Beteiligung an innovativen – natio­nalen und europäischen – Projekten widmet.

Das FIZ Chemie ist im internationalen Maßstab eine relativ kleine Fachinformationseinrichtung. Es wird sich nach Auffassung des Leib­niz-Senats langfristig nur in Kooperation mit anderen Partnern erfolg­reich auf dem international geprägten Informationsmarkt positionieren können. Es ist daher unerlässlich, die vom Bundesministerium für Bil­dung und Forschung (BMBF) initiierte Zusammenarbeit der öffentlich geförderten Fachinformationsanbieter für Naturwissenschaften und Technik zu intensivieren und auszubauen. Für das FIZ Chemie bedeu­tet dies eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem FIZ Karlsruhe, die ei­ne gemeinsame strategische Ausrichtung umfassen muss. Über die Ausschöpfung von Synergien hinaus sollte die strategische Positionie­rung des Gesamtkomplexes der Fachinformation angestrebt werden. 

Das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) wurde auf der Grundlage einer entsprechenden Empfehlung des Wissenschaftsrats von 1996 als Serviceeinrichtung für die wirtschaftswissenschaftliche Informa­tionsversorgung umstrukturiert. Dementsprechend standen bei der jetzi­gen Evaluierung Kriterien wie Wissenschaftsbasierung der Informations­angebote, Leistungsfähigkeit der Infrastruktur, Nutzerorientierung und Kundenakzeptanz im Vordergrund. Die Förderempfehlung des Leibniz-Senats basiert auf der Einschätzung, dass das HWWA die gegebene Chance zur inhaltlichen und organisatorischen Neustrukturierung unzu­reichend genutzt hat. Die konsequente Ausrichtung an den Anforderun­gen einer Serviceeinrichtung ist zu wenig erkennbar, um Bund und Län­dern die Weiterförderung unverändert empfehlen zu können. Neben Schwächen werden aber auch Stärken identifiziert. Sie dokumentieren sich in den Forschungsleistungen, die sich seit der letzten Evaluierung in einigen Arbeitsgebieten verbessert haben, wie u. a. gestiegene Publikati­onsleistungen in internationalen Zeitschriften und vermehrte Drittmit­teleinwerbungen belegen. Hierzu gehören insbesondere die Arbeitsbe­reiche Migrationsforschung, Handel und Entwicklung, Internationale Kli­mapolitik sowie der Rohstoffpreisindex.

Mit dem Ziel, die leistungsfähigen Kerne zu erhalten, wird deshalb emp­fohlen, den Arbeitsbereich „Bibliothek“ des HWWA einschließlich Infra­struktur mit den entsprechenden Arbeitsgebieten der Zentralbibliothek für die Wirtschaftswissenschaften in Kiel (ZBW) zusammenzuführen. Damit wird ein zentrales Portal der wirtschaftswissenschaftlichen Informations­versorgung für Wissenschaft und Wirtschaft mit europäischem Anspruch geschaffen. Positiv bewertete Forschungsgruppen am HWWA sollten ebenfalls in eine leistungsfähige Einrichtung eingegliedert werden. Dafür kommen sowohl das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) als auch die Hamburger Hochschulen in Frage. Welche dieser Möglichkeiten sich als tragfähig erweist, hängt entscheidend von den Rahmenbedingungen ab. Die mögliche Integration in das Institut für Weltwirtschaft soll im Rahmen der anstehenden Evaluation des IfW im September 2004 geprüft werden. Eine abschließende Förderempfehlung zum HWWA wird bis dahin zu­rückgestellt.

Die Stellungnahmen des Senats finden Sie hier.